Diesem Beitrag liegt ein Manuskript von Bernd Meiser zugrunde, das bei „Gitarre & Bass“ zur Veröffentlichung eingereicht und abgelehnt wurde.

Hier ein kleiner Ausschnitt von den experimentellen Röhrenamp-Modulen – konstruiert & gebaut von Prof. Dr.-Ing. Manfred Zollner. Hierbei lassen sich z.B. mittels intelligenter Umschaltung Endröhren-Paare unterschiedlichen Typs wahlweise mit jedem der 10 installierten Ausgangsübertrager zusammenschalten. Die Trafo-Palette reicht von knapp dimensionierten, billigen Typen bis hin zu üppigen, hochwertigen Elaboraten renommierter Hersteller. Beim Abhören verschiedener Kombinationen stellen sich dann häufig unverhofft verblüffende Überraschungsmomente ein. Die komplette Modul-Kollektion (2x Netzteil / Preamp / Klangfilter / Treiber / 2x Endstufen) steht immer wieder einmal bei den zweitägigen GITEC Sessions zum Anhören bereit.

So, ich werde nun mit der technischen (Kurz-)Beschreibung der Module starten, beginnend mit dem sehr interessanten, mit sechs Röhren bestückten Vorverstärker ...

Allgemein liegen die Bildrechte für diese Modul-Serie bei Prof. Manfred Zollner.

Vorverstärker

Die Vorstufe, die nicht weniger als sechs gleichartig aufgebaute frei anwählbare Röhren- positionen enthält, dient vorrangig dem direkten Vergleich verschiedener Röhren mit Sockel- Beschaltung des 12AX7-Typs. Im Bruchteil einer Sekunde lässt sich das Umschalten realisieren und gewährt somit einen wirklich aussagefähigen Vergleich. Pro Röhren-Position lässt sich der Kathoden-R in drei Stufen wählen, um verschiedene Arbeitspunkte zu generieren; der Anoden-R ist zweistufig schaltbar. Es wurden NOS Typen, ebenso neue RoHS-konforme billige und hochpreisige Röhren gleichen Typs der unterschiedlichsten Hersteller gegeneinander verglichen, mit sehr interessanten & oft verblüffendem Ergebnis. Zur Anschauung jetzt die Frequenzgang-Analyse aller 6 Vorröhren, betrieben über eine Widerstand von den typischen 2x68kOhm parallel – typisch für Marshall oder Fender, die Stufen arbeiten in Linear-Verstärkung (großer Kathoden-Elko)… interessant die obere Grenzfrequenz von nur 12kHz@-3dB – ein typischer Fall merklich vorhandener „Miller“ Kapazitäten …

Schnell noch eine schöne Grafik über die Unterschiede zwischen den beiden klassischen Marshall-Volume-Schaltungen. Beim JTM45 erkennen wir eine Höhenbetonung bei Lautstärke-Reduktion. Beim Plexi hingegen bleiben die Höhen sehr lange auf hohem Niveau, lediglich die Bässe lassen sich wunschgemäß reduzieren. Dadurch war der Plexi sehr tight (auch hart) in den Bässen, Humbucker Pickups - insbesonders der Hals PU, wurden deutlich entmatscht. Der entstehende Frequenzgang erinnert deutlich an die 60er Jahre Treble- Booster.

Klangfilter

Weiter geht’s mit dem Tonverstärker (+ direkt angekoppelter Kathodenstufe) sowie mit den Tonestacks ...

Im Klangfilter-Modul sind vier unabhängige Zweige verschaltet. Es wären da ein Fender-, VOX- , Marshall- und einen Direkt-Zweig. Der Fender-Tonzweig lässt sich vom 5F6-A Bassman-Typ zu einem Super-Reverb-AB763 „Blackface“ umschalten. Auch der Marshall lässt sich historisch korrekt schalten, vom alten legendären JTM45 hin zu dem Plexi Super Lead #1959. Und auch das Volume mit seinen verschiedenen Bright- und Einkoppel-Cs ist schaltbar ausgeführt. Ebenso bei der Tonverstärker-Triode verschiedene Kathoden-Rs und Cs. Kurz, alle klassischen Marshall-Varianten sind einstellbar. Ja, und dann noch der VOX AC30 Typ. Der Direkt-Zweig mit einer linearen Trioden-Verstärkung schließlich sorgt dafür, dass das Signal ohne merklichen Pegelverlust auch ohne die Anwahl eines Filters „durchgeschliffen“ werden kann. Hier sei noch ergänzend erwähnt, dass die Tonverstärker-Triode mit direkt angekoppelten Kathodenfolger (bei Marshall & VOX) alles andere als verzerrungsneutral arbeitet. Zur Vertiefung dieses sehr interessanten - aber kaum beachteten Sachverhaltes sei das Durcharbeiten meiner zu diesem Thema zweiteiligen G&B Kolumne in 7-8/2015 erwähnt.

Phaseninverter

Phaseninverter

Hier die drei im Phaseninverter-Modul verwendeten Prinzip Schaltbilder:

Bevor die Gegentakt-Endröhren angesteuert werden können, müssen dafür erst zwei möglichst symmetrische, um 180 Grad zueinander verdrehte Signale generiert werden. Im Laufe der Jahrzehnte entstanden verschiedene Konzepte – immer abgedruckt in den Applikationsschriften der Röhren-Hersteller, die interessanterweise alle von Fender in seinen Amps im Laufe der Jahre Anwendung fanden. In dem Phasen-Modul, wieder entworfen & gebaut von Prof. Zollner, finden sich dann auch die wichtigsten Phasendreher-Konzepte wieder. Zunächst das altertümliche „Paraphase“-Konzept, welches den Stand der Technik von Anfang der 1950er Jahre darstellt. Das ist mäßig genau und auch noch von der Alterung der Röhren abhängig. Dann die sog „Kathodyn“-Schaltung, sehr genau und wenig von den Röhren- toleranzen abhängig. Der legendäre kleine 15Watt-Fender „Deluxe“ 5E3 „Tweed“, der nach wie vor auch heute noch geschätzt ist, ist damit bestückt oder auch die früh-1970er Orange Amps. Dann folgt das modernste Konzept, der Differenzverstärker (aka „long-tailed phase inverter“), wie er z.B. in dem 1958 erschienenen Fender Bassman 5F6-A anzutreffen war, ebenso in dem VOX AC30 oder den Marshall-Amps. Diese Schaltung ist im Modul gleich zweimal vorhanden, einmal mit der 12AX7 und dann mit der 12AT7, wie z.B. in dem späteren Fender Super Reverb AB763 „Blackface“ benutzt. Eine vollständige Aufzählung der historischen Phase-Inverter Konzepte nebst deren technischer Beschreibung siehe im zweibändigen Werk „Physik der E-Gitarre“ von Prof. Zollner.

Endstufen

Das 15 Watt Endstufen-Modul ist ein wahres Schlachtfeld für Tests der unterschiedlichsten Art. Es stehen vier identisch aufgebaute Zweige zur Verfügung – 2x Gegentakt-Duette mit der kleinen Power-Pentode EL84 (VOX AC15) sowie 2x Duette der kleinen Beam Power Tetrode 6V6GT (Fender Deluxe). Alles pro Gegentakt Röhrenzweig ist einstellbar… Kathoden-Bias, fixed-Bias, class-A, class-AB, class-B, Schirmgitter-Rs, Eingangsgrenzfrequenzen …, und es lässt sich eine stattliche Anzahl der unterschiedlichsten Ausgangs Überträger - von klein & billig bis renommiert & vermeintlich fein, mit den Röhren kombinieren. Es ergeben sich recht beeindruckende Hörerlebnisse, die man so sicherlich nicht erwarten wird. Zur Reprodu- zierbarkeit der Ergebnisse und Feststellung des Anodenstromes je Röhre hat das Modul eine sehr variabel zu bedienende digitale Messeinheit integriert - sehr komfortabel. Durch das doppelte Vorhandensein je Röhrenduett lassen sich z.B. verschiedene Arbeitspunkte bei gleichem Röhrentyp akustisch direkt miteinander vergleichen oder aber Typen von unterschiedlichen Herstellern. Das 15Watt-Modul ist an Test-Flexibilität nicht zu überbieten – es lässt keine experimentellen Wünsche offen …

Um das kleine 15 Watt Endstufen-Modul praxisgerecht zu speisen, wurde ein eigenes passendes kleines experimentelles Netzteil entworfen. Als Gleichrichter stehen umschaltbar Si-Dioden und nicht weniger als vier Röhren-Doppelweg-Gleichrichter zur Verfügung (GZ34, 5Y3GT, 5U4GB, EZ81). Verschiedene Sieb-Möglichkeiten (div RC und LC) können gewählt
werden, um praxisgerecht das sog. „sagging“ einzustellen, um die von vielen Gitarristen begehrte Endstufen-Kompression zu erreichen.

Das große 50 Watt Endstufen-Modul ist prinzipiell genauso gestrickt wie das kleinere 15Watt Modul - das Konzept hat sich sehr bewährt. Lediglich die verwendeten Endröhren wurden ob der neuen Leistungsklasse natürlich stärker gewählt. Da wären die Beam-Power Tetroden 6L6GC, KT66 & KT88 sowie die Power Pentode EL34. Auch hier wieder jede Menge (nämlich 10) Ausgangsübertrager zum Anwählen … sogar ein mit passendem Übersetzungsverhältnis gewählter Toroid-Netztrafo kann als Ausgangstrafo angewählt werden – mit überraschend guter Performance! Diese Endstufe hat sage & schreibe ein Gewicht von 45kg, den vielen Trafos geschuldet!

Hier noch schnell ein Blick unter die Haube des 50 Watt-Amps....

Blick unter die Haube des 50 Watt-Amps

Netzteil

Das große 50 Watt Endstufen-Modul ist prinzipiell genauso gestrickt wie das kleinere 15Watt Modul - das Konzept hat sich sehr bewährt. Lediglich die verwendeten Endröhren wurden ob der neuen Leistungsklasse natürlich stärker gewählt. Da wären die Beam-Power Tetroden 6L6GC, KT66 & KT88 sowie die Power Pentode EL34. Auch hier wieder jede Menge (nämlich 10) Ausgangsübertrager zum Anwählen … sogar ein mit passendem Übersetzungsverhältnis gewählter Toroid-Netztrafo kann als Ausgangstrafo angewählt werden – mit überraschend guter Performance! Diese Endstufe hat sage & schreibe ein Gewicht von 45kg, den vielen Trafos geschuldet!Mit dem Netzteil, passend zum 50 Watt Modul, sind wir dann auch schnell durch. Hier sind keine Röhren drin, Halbleiter-Gleichrichtung, Sagging einstellbar via verschieden zuschalt- barer Hochlast-R‘s, LC-Siebung. Ausgangsspannung schaltbar 350V <=> 500V. Weiterhin speziell gesiebte Ausgänge für die Kleinleistungs-Module wie Vorverstärker, Klangfilter, Phaseninverter.

Damit wären wir im Schnelldurchlauf am Ende der Vorstellung dieser GITEC-Röhren-Module angelangt. Also schnell zum Abschluss noch ein Gruppenbild - es fehlt nur das feine 15 Watt Endstufen Modul. Um nicht missverstanden zu werden: Das ist nix für’s Studio, und schon gar nix für die Bühne – damit können aber grundlegende Erkenntnisse zur Funktion der Module eines Gitarrenverstärkers gewonnen und Hörtests durchgeführt werden.